Im Marketing ist seit geraumer Zeit viel die Rede von Onlineerfahrung. Wenn es daran einen Aspekt gibt, der wieder und wieder missverstanden wird, dann ist es das Konzept der Interaktion zwischen Marke und Kundschaft.

Als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, spielte diese Idee eine zentrale Rolle. Die Möglichkeit, ununterbrochen eigenes Material zu veröffentlichen, war längst nicht alles. Anders als die Kommunikationseinbahnstraßen Fernsehen und Printmedien ermöglichte die schöne neue Welt des Internets ständigen Austausch in beide Richtungen.

Dass sich viele Prophezeiungen konstruktiver Diskussion und Partizipation in der Onlinewelt als Illusion erwiesen haben, ist vermutlich überflüssig zu erwähnen. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken, warum so viele Unternehmen „Interaktivität“ und „Engagement“ online so falsch verstehen. Es hilft auch bei der Antwort auf die Frage, wie man es richtig macht.

Diese Frage stellt sich im Arbeitsalltag von Kooba oft. Mit unserer Antwort darauf liegen wir glücklicherweise immer wieder goldrichtig. Wir wollen versuchen, das zu erklären – beginnend mit dem Allerwichtigsten:


Bereit sein, zuzuhören

Wer spricht schon auf Dauer mit einem Gegenüber, das nie zuhört? Das ignoriert, was man sagt, und einfach so weitermacht? Oder noch öder: das in einer Exceltabelle notiert, dass man etwas gesagt hat, und dies dann als Beleg für erfolgreiches Engagement vorgaukelt?

Sicherlich niemand.

Doch bei Unternehmen ist dieses „zum einen Ohr rein, zum anderen raus“ an der Tagesordnung, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. So überrascht es nicht, dass oft keine sinnvollen, klugen und zweckmäßigen Interaktionen mit Kund:innen aufgebaut und gepflegt werden.

Die erste Lektion besteht also darin, sich auf das Zuhören einzustellen und bereit zu sein, auf alles zu reagieren, was das Publikum äußert.

Wenn eine Organisation um Eingaben, Kommentare, Verbesserungsvorschläge oder Meinungen bittet, sollte sie zuvor für sich geklärt haben, was sie mit diesen Antworten vorhat. Man muss sich damit auseinandersetzen, wozu die Interaktion dient. Tut man dies nicht, ist das Bereitstellen von Kommunikationskanälen so, als würde man eine Website aufbauen, ohne Geschäftsziele definiert zu haben. Man würde Potemkinsche Dörfer errichten.

Sinn und Zweck klären

Der erste Schritt sieht sinnvollerweise so aus: Möglichkeiten ermitteln, wie das eigene Unternehmen von seiner Kundschaft und der größeren Öffentlichkeit lernen oder sogar vorangebracht werden kann. Sollen die Inhalte veröffentlicht werden oder in die zukünftige Produktausrichtung einfließen? Soll auf der Website eine offene Kommunikation zwischen Gleichgesinnten möglich sein?

Hat man für sich das Ziel festgelegt, so kann man auch die Wege dorthin ebnen. Machen wir es mit drei Beispielen aus der Praxis konkret:

  • Bei HubSpot bringen sich die Mitglieder der Community im Onlineaustausch auf Augenhöhe beruflich-fachlich voran. Auf diesem von HubSpot bereitgestellten Kanal ist alles öffentlich, auch Kritik an der Plattform selbst. Der Anbieter animiert dazu, Informationen auszutauschen, und bietet der Community dafür einen Raum an.
  • Lego Ideas ist eine seit Langem bestehende interaktive Website mit unterschiedlichen Funktionen. Vor allem nutzen Lego-Fans sie, um Ideen für Modelle und Bausätze einzureichen und um über ihre Lieblingsbeiträge abzustimmen. Die beliebtesten Produktvorschläge werden dann von Lego realisiert.
  • Wie viele andere journalistische Institutionen auch veröffentlicht The Guardian Kommentare unter Meinungsartikeln, und er lässt über diese Leserbeiträge abstimmen und publiziert ausgewählte davon als „Guardian Picks“. Dies nutzt die britische Tageszeitung ergänzend zum „Crowdsourcing“, also zur Annahme von Themenvorschlägen aus der Öffentlichkeit für weitere Beiträge.

Von der Art und Weise, wie diese Institutionen Interaktion und Gemeinschaft fördern, kann man sich gut eine Scheibe abschneiden.

Mit dieser Seite animiert HubSpot seine Communitymitglieder, sich aktiv einzubringen, auch im Falle von Kritik an der eigenen Plattform.
Die Communityseite von Lego – mit Optionen zum Stöbern in Ideen, zum gemeinsamen Entwickeln und für Abstimmungen über neue Produkte.

Interesse wecken

Wenn der Anfang getan ist (wenn man sich aufs Zuhören eingestellt und das Ziel des Engagements festgelegt hat), gilt es, konkret zu werden.

Man muss interessant sein – wie das Guardian-Beispiel zeigt. Würde die Zeitung versuchen, mit platten, nichtssagenden Inhalten Engagement und Interaktion auszulösen, käme wenig dabei herum. Doch mit Meinungsartikeln, die zum Nachdenken anregen und bisweilen kontroverse Positionen vertreten, spornt die Website die Leserschaft an, aktiv etwas beizutragen.

Das ist für alle Organisationen gleich. Und obwohl es nicht immer einfach ist, interessant zu sein, gibt es doch meistens eine Möglichkeit. Man tut gut daran, sich auf das zu konzentrieren, worin man sich von anderen unterscheidet oder was man der Zielgruppe zu bieten hat. Außerdem braucht die Community gar nicht groß zu sein. Intensive Interaktion mit einer Gruppe, die vielleicht klein, aber auf jeden Fall wichtig ist, ist besser als bloßes Geplänkel mit Massen, die nie zu Kund:innen werden.

Hat man sich aufs Zuhören eingestellt und etwas herausgearbeitet, was interessant zu sein verspricht, fehlt nur noch dies: das Design für Interaktion und Engagement. Dies sollte aber keinesfalls erst am Ende nachgeliefert, sondern schon vom Projektbeginn an mitgedacht werden.

Interaktion aus einem Guss gestalten

Das Engagement muss einfach von der Hand gehen. Unter Umständen bietet sich ein Probelauf mit User Testing in einem frühen Stadium an. Das heißt, man lässt erste User:innen ausprobieren, ob die Interaktionsoptionen nutzerfreundlich, effizient und effektiv zu bedienen sind, damit sichergestellt ist, dass die Zielgruppen intuitiv damit umgehen können. Was immer hilfreich ist:

  • Aufforderungen zur Interaktion gut sichtbar platzieren
  • für jede Interaktion klar ersichtlich machen, warum sie gewünscht ist
  • Menge der Inhalte sorgfältig abwägen – die (potenziellen) Communitymitglieder dürfen nicht „zugeschüttet“ werden, doch wie etwa das Guardian-Beispiel zeigt, können gerade ausführliche Argumentationen und Texte in bestes wechselseitiges Engagement münden
  • Inhalte übersichtlich präsentieren, sowohl für diejenigen, die sich aktiv einbringen wollen, als auch für die, die lediglich an den Ergebnissen interessiert sind

Zu bedenken ist allerdings: Nicht alle Interaktionen müssen öffentlich sein. Unternehmen, die ihren (potenziellen) Kund:innen Möglichkeiten zur nichtöffentlichen Kontaktaufnahme anbieten, erhalten darüber durchaus sinnvolle Rückmeldungen und erfreuen sich auch besonders starker Markenbindung. Die wichtigen Überlegungen zu öffentlichem Community-Engagement über die eigene Website (nicht über Social Media) sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der persönliche Austausch bzw. die Eins-zu-eins-Interaktion große Potenziale birgt.

Nochmal auf den Punkt

Mehr und mehr Organisationen animieren ihre Zielgruppen, sich in die zukünftige Entwicklung einzubringen. In diesem Bemühen können (oder sollten) Onlinekanäle die eine oder andere Rolle spielen. Man denke hier etwa an Live-Chats oder den Zugang zu unternehmenseigenen Communityportalen. Doch bei all dem darf man die Bedeutung individueller, nichtöffentlicher Interaktionen nicht aus dem Blick verlieren.

Und jetzt ran an die Strategieentwicklung für den Auf- und Ausbau Deiner Onlinecommunity! Wir freuen uns auf Deine Nachricht!

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